Promi-Menüs

Kulturelles Gedächtnis

Beim Festmahl für den assyrischen König Assurnasirpal II. im Jahr
879 vor Christus wurden 14.000 Schafe, 500 Gazellen und 10.000
Springmäuse verzehrt. Das erste Menü im Weltraum bestand 1961
aus Fleischpüree und Schokoladensoße in Tuben. Die vermögenden
Passagiere der Titanic schlürften Austern und aßen gebratenes Küken an Kresse, Pasteten mit Foie Gras und zweierlei Éclairs, bevor sie am 14. April 1912 untergingen. Als sich Elvis Presley am 27. August 1965 mit den Beatles traf, servierte er ihnen Russische Eier, gebratene Hühnchenleber im Speckmantel, süße und saure Fleischbällchen, Krebsfleisch, eine kalte Wurstplatte, Früchte und Käse. Und beim letzten State Dinner von US-Präsident Barack Obama 2016 wurden Krebscannoli mit Johannisbeertomaten aus eigenem Anbau gereicht und Brombeertörtchen zum Nachtisch.
Die Hintergründe, Speisenfolgen und Zutaten außergewöhnlicher Mahlzeiten der letzten drei Jahrtausende haben Moritz Rauchhaus und Tobias Roth für ihr Buch Wohl bekam’s. In 100 Menus durch die Weltgeschichte rekonstruiert, das im Verlag Das kulturelle Gedächtnis erschienen ist.

Aus Gründen der Zahnhygiene kauten die ersten Menschen noch Harz. Es dauerte jedoch 9.000 Jahre, bis Kautschuk, Harz und der Milchsaft südamerikanischer Bäume zu einer Masse verarbeitet wurden, die sich nicht nur leichter kauen ließ, sondern auch besser schmeckte. Erst nachdem der amerikanische Seifenproduzent William Wrigley dem Chewing Gum Ende des 19. Jahrhunderts Minze hinzugefügt hatte, war das Kaugummi, das sich Amos Tyler am 27. Juli 1869 patentieren ließ, aber in aller Munde. Durchschnittlich 100 Streifen Kaugummi kauft jeder Deutsche pro Jahr, im Wert von 569 Millionen Euro. Pfefferminz ist noch immer der Lieblingsgeschmack der Deutschen, längst gibt es aber auch Kaugummis, die nach Beeren, Zimt oder Wassermelone schmecken, Koffein enthalten oder zuckerfrei sind. Kaugummis helfen dabei, mit dem Rauchen aufzuhören oder abzunehmen und sorgen für einen Druckausgleich bei Flugreisen. Sie reinigen die Zähne und verhärten
den Zahnschmelz, überdecken den Mundgeruch und hemmen
sogar den Durchfall – wenn man nicht gerade übermäßig zuckerfreies Kaugummi kaut, dem Zuckeraustauschstoffe zugesetzt wurden, die ihn fördern oder Verstopfungen auslösen.
Dass der Kaugummi-Umsatz seit 2012 von knapp 600 Mio. Euro
auf etwa 560 Mio. Euro gefallen ist, erklärt sich Mathias Dosne von
Mondelez damit, dass „der kreisende Unterkiefer, der in der Vergangenheit durchaus als sexy galt, heute viel eher als Langweile und unfreundliches Desinteresse gedeutet“ wird. Statt zum Kaugummi greifen Konsumenten deshalb immer öfter zu seinem größten Konkurrenten, der Pfefferminz-Pastille.
Eine andere Erklärung für den Umsatzschwund ist aber auch nicht
von der Hand zu weisen: Beim Warten in der sogenannten Quengelzone eines Supermarktes starren Kunden meistens auf das Display ihres Smartphones, statt einen Blick ins Regal zu werfen, in dem gleich neben der Kasse Kaugummis ausliegen. 

 

Auszüge aus „Gastromania“ von Hollow Skai (217 Seiten, Euro 9,99), erhältlich in allen Online-Buchshops und Buchhandlungen oder bei www.bod.de

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