Go Chug Yourself

Auf dem disruptiven Holzweg

Die Kritik an den Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung des Coronavirus‘ nimmt zu — die Gastronomie befürchtet eine drastische Marktbereinigung.

Joe Oehler, der Geschäftsführer der Einkaufsgesellschaft progros, hat in diesen Tagen einen dicken Hals. Rund 3 Millionen Menschen,  7,5 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland, arbeiteten hierzulande im Tourismussektor. Der Tourismus war vom Lockdown zuerst betroffen, soll aber als letzter Bereich wieder von den Zwangsmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus‘ entbunden werden. Ein Unding, wie Oehler findet: „Berlin, du bist auf einem disruptiven Holzweg!“

 

Mit 500 Millionen Übernachtungen und Milliarden von Essen und Getränken sei der Tourismus schließlich ein Wirtschaftsfaktor und damit auch ein riesengroßer Standortvorteil. Tourismus habe schon seit langem strenge Hygiene- und Sauberkeitsvorschriften und sei in dieser Hinsicht eine der wenigen Branchen, die diesbezüglich nichts dazulernen müssten. Warum also, fragt sich Oehler, wird ein Sektor, „der Erlöse bringt, der von keinen Subventionen lebt, der wirtschaftlich gesund ist, der ehemalige Flüchtlinge beschäftigt, der Studenten Nebenjobs bietet, der wohl der größte ,Multi-Kulti-Arbeitssektor‘ ist, dessen Geschäftsmodell funktioniert, der die sozialen Sicherungs- und Gesundheitssysteme mitfüttert „, warum wird ausgerechnet dieser Sektor so diskriminiert, indem die Bundesregierung ihm nicht zutraut, Abstandsregeln und Hygienevorgaben einzuhalten? Wo doch Abstandsregeln an einer Hotelrezeption nichts Neues seien, sondern seit jeher Standard sind.

Auch der Leaders Club Deutschland, auf der Gastro Vision stets durch Jean Georges Ploner vertreten, befürchtet, dass die von der Bundesregierung beschlossenen Hilfen viele Gastronomen nicht vor dem Ruin bewahren werden. Er rechnet vor allem im ländlichen Bereich mit einer Marktbereinigung von 40 bis 50 Prozent, weil das von der Bundesregierung beschlossene Maßnahmenpaket unzureichend sei, und fordert die Politik nachdrücklich auf, weitere Soforthilfen für kleine und mittelständische Unternehmen auf den Weg zu bringen, die nicht zurückgezahlt werden müssen.  In der AHGZ klagte der Vorstandsvorsitzende des Leader Clubs, Patrick Rüther: „Die neuen Maßnahmen der Bundesregierung befreien die Banken, die bereits vor zehn Jahren durch Steuergelder gerettet wurden, von jeglichem Risiko. Wir als Gastronomen sind jedoch mehr als skeptisch, die jetzt gewährten Kredite bedienen zu können, zumal es nach aktuellem Stand noch eine ganze Zeit dauern wird, bis wir unsere Läden wieder öffnen können.“

Für den DEHOGA-Präsidenten Guido Zöllick ist der neue KfW-Schnellkredit zwar eine wertvolle Liquiditätshilfe, die Verlängerung der Tilgungsfristen für Unternehmer-Kredite stehe aber noch aus. Ebenso ein Rettungsfonds, „wie er früher etwa für die Landwirtschaft aufgelegt worden sei“. Außerdem müsste dringend die Mehrwertsteuer für alle gastronomischen Umsätze gesenkt werden, damit die Kredite auch getilgt werden könnten.

Facebook
Twitter
LinkedIn
XING
Email

Weitere Beiträge

Login
Hier können Sie sich als Besucher oder Aussteller einloggen oder registrieren.

Für Besucher

Für Aussteller