Geheime Verführer

Knistern animiert zum Kauf

Welche Musik passt zu welchem Essen? Wie beeinflusst unser Gehör den Geschmack? Und warum regen Gerüche zum Einkaufen an?

Störfaktor. Schon Wilhelm Busch empfand Musik mitunter als störend, weil sie nicht ohne Geräusche auskommt. Und darüber, dass die Beschallung mit Musik einem das Essen gehörig verleiden kann, wurden schon Witze gerissen, als in Restaurants noch Live-Musik dargeboten wurde: „Herr Ober, spielt die Kapelle, was der Gast wünscht?“ „Selbstverständlich, mein Herr.“ „Dann soll sie Billard spielen, bis ich mit dem Essen fertig bin!“
Heute kommt die Musik zwar längst aus der Konserve (wenn man
Streamingdienste noch so bezeichnen kann), einer Umfrage des Reservierungsportals Bookatable zufolge würde jeder vierte Gast ein Lokal jedoch sofort wieder verlassen, wenn die Musik zu laut sei, und fast jeder zweite würde nicht mehr wiederkommen. Immerhin 11 Prozent der Befragten suchten das Weite, wenn ihnen ein musikalisches Genre nicht zusage, und schnelle Musik käme bei Gästen, die sich beim Essen ja auch entspannen wollen, gar nicht gut an: Gerade mal 4 Prozent würden sich nicht an Techno stören, 6 Prozent sich nicht von Punk Rock vom Essen abhalten lassen und 7 Prozent nicht von Hard Rock und Heavy Metal.
Leichter haben es da schon all jene Restaurants, die Speisen eines
einzelnen Landes anbieten. Beim Griechen Sirtaki-Klängen ausgesetzt zu werden, beim Italiener Verdi-Arien oder beim Franzosen Chansons, empfinden 55 Prozent der Gäste als angenehm. Und wenn passend zum Curry indische Musik aus den Lautsprecherboxen rieselt, gilt selbst die nicht als Störfaktor, obwohl dieser süßliche Bollywood-Sound einem die Ohren verklebt.

Das Gehör macht den Geschmack. Ob uns etwas schmeckt, entscheidet nicht nur unsere Zunge oder unser Gaumen, sondern auch unser Gehör. Denn die Knusperlautstärke von Chips steigert den positiven Eindruck um 15 Prozent. Das hat der Gastrophysiker Charles Spence von der Universität in Oxford herausgefunden. Der Grund, warum Chipstüten beim Öffnen so laut sind, habe daher auch nichts mit der Frischhaltung zu tun. Vielmehr habe sich ein Marketing-Experte wohl gedacht: „Es ist lautes Essen, so sollte auch die Verpackung die Erwartungen erfüllen.“

Geheime Verführer.  Studien zufolge werden Kaufentscheidungen zuerst nach dem Sehen getroffen und erst in zweiter Linie nach dem, was man gerochen, gehört oder gefühlt hat. Gleichwohl lullen Einzelhändler ihre Kunden gerne mit Wohlfühlmusik ein, weil seichter Dudel-Pop sie langsamer gehen und länger in einem Geschäft verweilen lässt – was wiederum dazu führt, dass sich Handtücher für den Verbraucher weicher anfühlen, wenn er mit weicher Musik besäuselt wird, und er zu unbeabsichtigten
Spontankäufen neigt.
Unbemerkt bleibt oft auch die Raumbeduftung, die die Kaufbereitschaft eines Kunden beeinflusst. So regt der Geruch von Kaffee und Brötchen am Eingang eines Supermarkts den Appetit an. In der Obstabteilung riecht es vorzugsweise nach Erdbeeren, in der Süßwarenabteilung nach Kakao, und in der Feinkostabteilung sorgt ein Zitronenduft dafür, dass wir glauben, alles sei sauber und frisch.
Galt es in den Sechzigerjahren noch als verwerflich, mit der Werbung auf das Unterbewusstsein abzuzielen und Kunden zum Kauf von etwas zu verführen, was sie eigentlich gar nicht brauchten, wirbt die sächsische Firma Reima Air Concept heute ganz offen für ihr Duft-Marketing: „Für alle Kunden, die ohne Einkaufszettel kommen, gibt der richtige Duft eine Hilfestellung und regt unterbewusst zu Kaufentscheidungen an.“

Auszüge aus „Gastromania“ von Hollow Skai (217 Seiten, Euro 9,99), erhältlich in allen Online-Buchshops und Buchhandlungen oder bei www.bod.de

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